Namensgebung

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Frau Regent (ehemals Zürndorfer) bei der Namensgebung 2003

Sinnstiftung und Profilgebung – Erinnern lernen
Eine Schule mit einer jüdischen Namensgeberin, die den Holocaust überlebt hat, geht eine hohe pädagogische, soziale und ethische Verpflichtung ein, das Gedenken an die Namensgeberin wach zu halten und zu pflegen.

Unsere Schule wird seit mehreren Jahren gleichermaßen von evangelischen und katholischen Kindern, teilweise von Kindern islamischen oder anderen Glaubens sowie von Kindern ohne Bekenntnis besucht. An unserer Schule sind alle Kinder unabhängig von ihrem Glauben, ihrer Hautfarbe, ihrer Nationalität oder ihrer sozialen Herkunft willkommen und werden gemäß unseres evangelischen Glaubensverständnisses integriert.

Erinnern lernen heißt, Erinnerung zulassen und Kindern ermutigende Beispiele für Zivilcourage, Ich-Stärke, Toleranz und Vergebung, gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Gewalt und Ignoranz zu geben. Indem Kinder die Gelegenheit erhalten, ihre Gedanken in Gefühlen auszudrücken, Fragen zu stellen, mit Unsicherheit, Ängsten und Vorurteilen umzugehen lernen, wird eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart geschlagen. Erinnern lernen leistet damit auch einen Beitrag zur Friedens- und Umwelterziehung, indem demokratisches Verhalten geübt, Dialog- und Urteilsfähigkeit gefördert, solidarisches Handeln und soziale Verantwortung, Toleranz und Achtung der Menschenrechte und der Natur entwickelt und entfaltet werden kann. Erinnern lernen setzt zudem Zeichen gegen das Vergessen und ist dabei angewiesen auf mehrdimensionale Erfahrungs- und Lernprozesse, reale Begegnungen, persönlichen Austausch, fächerverbindende Unterrichtsformen und Projektunterricht, damit vielfältige Erfahrungen und Formen gegen Gewalt, Ausgrenzung und Diskriminierung kind- und altersgemäß aufgebaut und trainiert werden können.

Biografie unserer Namensgeberin (05.12.1925 – 01.12.2023)

Hanna Zürndorfer – Kindheit und Schulzeit in Düsseldorf von 1925-1939

Karola Regent
Frau Regent signiert ihr Buch „Verlorene Welt“

Frau Hanna Zürndorfer, genannt „Hannele“, wurde am 05. 12.1925 in Düsseldorf geboren. Ihr Vater Adolf Zürndorfer war Verlagsdirektor und Theaterkritiker des Düsseldorfer Schauspielhauses, ihre Mutter war Hausfrau. Die Eltern nahmen vor der Übernahme des NS-Regimes regen Anteil am gesellschaftlichen und kulturellen Leben in Düsseldorf.

Die Eltern pflegten stets eine offene und tolerante Einstellung und Haltung gegenüber allen anderen Religionen. Sowohl jüdische als auch christliche Feste wie Ostern und Weihnachten wurden im Hause der Familie Zürndorfer gefeiert. Auch christliche Gottesdienste wurden von der Familie besucht.

Im Alter von fünf Jahren zog Hanna Zürndorfer mit ihren Eltern und ihrer jüngeren Schwester Lotte in die Sonnbornstraße, Ecke Lakronstraße in Gerresheim. Die Familie bewohnte dort die sog. „weiße Villa mit Ecktürmchen“, welche noch heute dort zu finden ist.

Hanna Zürndorfer wurde am 08. April 1932 in die Grundschule an der Benderstraße eingeschult. Sie besuchte die Grundschule bis 1936. Bereits ab 1935 war jüdischen Kindern der Zugang zu einer Höheren Schule verboten, ab 1936 wurden sie von der Volksschule ausgeschlossen. Aus diesem Grund richtete die Jüdische Gemeinde in Düsseldorf eine eigene jüdische Schule ein. Nach Beendigung ihrer vierjährigen Grundschulzeit musste Hanna Zürndorfer die jüdische Schule in der Kasernenstraße besuchen. Ihre jüngere Schwester Lotte wurde 1936 in die Grundschule Benderstraße eingeschult und durfte mit Ausnahmegenehmigung und unter Zuspruch der Klassenlehrerin noch ein Jahr an der Grundschule Benderstraße verbleiben. Der zunehmende Druck einiger „nationalsozialistisch geprägter“ Eltern führte jedoch 1937 auch zum Ausschluss der Schwester von der Grundschule Benderstraße.

Hanna und Lotte Zürndorfer wurden 1939 mit dem letzten Kindertransport nach England gebracht und überlebten so den Holocaust. Ihren Eltern wurde die Ausreise verweigert – Gerresheim sollte nach der Haltung des damaligen Ortsvorstehers der erste „judenfreie“ Stadtteil Düsseldorfs werden. Ihre Eltern und alle übrigen Verwandten der Familie wurden in Konzentrationslagern ermordet.

Karola Regent – Ihr Leben heute in England und Schottland

Hanna Zürndorfer, heute Karola Regent (2. Mädchenname), hat ihre Kindheitserinnerungen an ihre Zeit in Düsseldorf in einem Buch unter dem Titel „Verlorene Welt“ veröffentlicht. Frau Regent blieb auch nach Beendigung des 2. Weltkrieges in England wohnen, sie besuchte Deutschland jedoch frühzeitig und regelmäßig. Ihre Besuche in Deutschland dienten in erster Linie der persönlichen Verarbeitung ihrer Vergangenheit und elterlichen Spurensuche, sie sind aber auch als ein Zeichen der Versöhnung, Toleranz und Begegnung zu verstehen.

Im November 2002 besuchte Frau Regent auf Einladung des Bürgervereins in Gerresheim und der evangelischen und katholischen Kirche Rheinland wieder einmal die Stadt Düsseldorf. Frau Regent las zum Thema „Reichspogromnacht“ aus ihrem Buch „Verlorene Welt“ in der Stadtbücherei Gerresheim. Autorin und Besucher traten anschließend in einen offenen Dialog über die Zeit des Nationalsozialismus, Einstellungen und Haltungen gegenüber anderen Religionen, über das erlittene schwere Schicksal der Familie Zürndorfer und über Frau Regents Haltung gegenüber Deutschland und den Deutschen.
Es folgte am 09. November 2002 als ein „sichtbares Zeichen gegen das Vergessen“ ein gemeinsamer Gedenkmarsch zu den Stätten ihrer Kindheit, u. a. zur Grundschule Benderstraße. Anschließend folgte ein ökumenischer Gottesdienst in der Basilika St. Margareta. Im Rathaus der Stadt Düsseldorf fand eine zentrale Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht 1938 statt. Im Rahmen dieser Veranstaltung trug der Oberbürgermeister Erwin Erinnerungen aus dem Buch von Frau Regent „Verlorene Zeit“ vor.

Einbindung in das Schulleben und Umsetzung im Unterricht


In dem Bemühen die Erinnerung zuzulassen, finden an der Hanna-Zürndorfer jährlich fächerverbindende Unterrichtseinheiten in jedem Schuljahr statt. Je nach Alterstufe werden unterschiedliche Akzente gesetzt und Passagen aus dem Buch von Hanna Zürndorfer „Verlorene Welt“ gelesen, vorgelesen oder im Rollenspiel umgesetzt.

Eine Gedenkspirale mit selbst bemalten Erinnerungssteinen ehemaliger Schülerinnen und Schüler wurde 2005 im Vorgarten der Schule verlegt und von Frau Regent eingeweiht. Die Spirale symbolisiert Bewegung, Entwicklung und Beständigkeit. In der Gemeinschaft und in einem positiven und bunten Miteinander findet jedes Kind Halt und Unterstützung für seine individuelle Entwicklung und Entfaltung. Jeder von uns trägt durch seine Individualität und seine Besonderheit als Mensch zum Gelingen des Ganzen bei.

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Frau Bischoff zu Besuch bei Frau Regent in Schottland

Die Kinder gehen auf Spurensuche in Gerresheim, schreiben Briefe und Geburtstagswünsche an Frau Regent und basteln Geschenke. Der persönlichen Kontakt zu den Kindern liegt der Schule und Frau Regent besonders am Herzen. Bei ihren Besuchen in Düsseldorf besuchte sie fast immer die Schule und die Kinder oder einzelne Klassen. Die Kinder durften Frau Regent Fragen stellen und ihre Gedanken und Gefühle frei und ungezwungen äußern. Nun fällt ihr das Reisen schwer, sodass sie schon länger nicht mehr vor Ort war. Unsere Schulleiterin Frau Bischoff besuchte sie jedoch 2013 in Schottland. Anlässlich unserer Projektwoche 2014 führten wir zudem ein Telefoninterview mit Frau Regent für ein Radioprojekt.

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Herr und Frau Regent bei der Namensgebung 2003

Im Religionsunterricht werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen verschiedenen Religionen am Beispiel von Festen und Ritualen thematisiert und erarbeitet. Es folgt auch der Blick auf die Gegenwart, auf alltägliche Situationen beim Spielen auf dem Schulhof oder in der Klasse, um Erziehung zur Toleranz für Kinder erfahrbar zu machen.
Die persönliche Beziehung zu Frau Regent ist ein Geschenk für die Schule und die Kinder, zugleich aber auch eine Verpflichtung, uns unserer Geschichte zu erinnern und Verantwortung für andere oder schwächere zu übernehmen.